Synopsis
„Gulasch?“, vergewissert sich die junge Frau, die aus der Durchreiche einer kombinierten Hotdog- und Pizza-Bude an der zugigen Kolyma-Trasse schaut. Nein, Stanislaw Mucha hatte nach „Gulag“ gefragt. Und er ist erstaunt, dass hier, wo das sowjetische Straf- und Arbeitslagersystem über Jahrzehnte Natur- und Lebensräume prägte, der Begriff nicht in aller Munde ist. Überhaupt scheint des Filmemachers Reise im Grunde ein Trip durch Wortlandschaften zu sein. Er beginnt in der Bucht von Magadan, die sich als Einfuhrhafen für die Strafarbeiter den Beinamen „Tor zur Hölle“ verdient hat. Er führt über den „längsten Friedhof der Welt“, wie die von Massengräbern gesäumte Fernstraße vom Ochotskischen Meer nach Jakutsk gelegentlich genannt wird. Aber er kreuzt auch die Wege der Lebenden, der Dagebliebenen und -geborenen, die oft genug anderes zu tun haben, als um den Genius Loci zu kreisen. Begegnungen als anregende Entladungen am Erwartungshorizont – wie jene Stromstöße, mit denen ein am Wegesrand aufgegabelter Hobbyphysiker seinen greisen Vater verjüngen will.Wenn Gegenwart die Vergangenheit überschreibt, wenn sich Putin- über Sowjetzeit legt, wenn man die ewige Peripherie an ihren Momentaufnahmen mitarbeiten lässt, entstehen knochentrockene Pointen: zum Beispiel dieses Popmusikvideo in Slow Motion, das Mucha einer Mädchentanztruppe im Vorüberfahren spendiert. (DOK Leipzig, Sylvia Görke)