Synopsis
Kulenkampffs Schuhe erhält den 3sat-Dokumentarfilmpreis auf der Duisburger Filmwoche. Herzlichen Glückwunsch!Aus der Jurybegründung: "Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen", heißt es bei William Faulkner. Was das für die deutsche Geschichte heißt, zeigt dieser Film. Er öffnet einen neuen Blick auf die NS-Zeit und ihre Nachwirkungen, die vor einem Begriff wie "Stunde Null" eben nicht Halt gemacht haben.
Der Film tut das mit alten Bildern: mit privaten Aufnahmen vom scheinbaren Familienidyll der Wiederaufbaujahre und Fernsehmaterial aus jener Zeit. Die Geschichte eines Vaters, der bei Kriegsende ein junger Mann war, wird übergeblendet in eine Mediengeschichte der Bundesrepublik, in der die Generationsgenossen Hans Joachim Kulenkampff, Hans Rosenthal und Peter Alexander zu Ersatzautoritäten werden. In seiner Revision des populären Bewegtbilds der ersten Nachkriegsjahrzehnte legt der künstlerisch konsequente und erzählerisch präzise Film frei, was immer nur am Rande gesagt werden kann, weil alle von dem Gleichen schweigen: Schuld und Trauma. Nicht zuletzt ist diese Arbeit ein unbedingtes Plädoyer für die Öffnung der öffentlich-rechtlichen Archive: Was dort an Schätzen gehoben werden kann, zeigt KULENKAMPFFS SCHUHE. Und wenn die ARD den Überraschungserfolg in ihrem Sommerprogramm wirklich verstanden hat, dann muss sie einen anderen Zugriff auf solches Material möglich machen als bislang – auch um zu verhindern, dass dieser Film nach Ablauf irgendwelcher Rechte wieder verschwindet.
10. November 2018, die Jury: Matthias Dell, Tereza Fischer, Lena Stölzl